Das Werkzeug von Attila Szabo ist der Computer. Der Informatiker ist seit vielen Jahren Forscher in der GeoSMAQ-Forschungsgruppe des VRVis tätig. Als Experte für Rekonstruktion, Fotos und Bilder sowie Signalrekonstruktion schafft er Lösungen zur intelligenten, interaktiven Abbildung der echten Welt durch digitale Mittel. Sein Schwerpunkt liegt dabei derzeit auf der Arbeit mit geografischen und geometrischen Daten und der Frage, wie man umfangreiche Echtwelt-Daten in Planung und Architektur effizient weiterverwendet. Gerade für diese Anwendungsfelder liefern Laserscanner und photogrammetrische Vermessung mittlerweile sehr schnell und auch recht günstig viele, viele Daten. Auf die Frage allerdings, wie man mit den großen Punktwolken am besten umgeht, gibt es noch nicht sehr viele praktische Antworten. Hier kommt Attila Szabo ins Spiel: Er erforscht und entwickelt Rekonstruktionsmethoden, die die Planung beschleunigen und vereinfachen, indem aus großen Punktwolken 3D-Modelle von relevanten Geometrien, beispielsweise einer Häuserkante, einem Gebäude oder gar einem ganzen Straßennetz, abgleitet werden können. Das Augenmerk liegt dabei immer auf dem intuitiven und interaktiven Nutzung der komplexen Daten.
Von Niederösterreich an die TU Wien
Dass Attila Szabo heute am und mit dem Computer arbeitet, hat im Grunde mit einem glücklichen Zufall zu tun, denn die Schule in seiner kleinen niederösterreichischen Heimatgemeinde war in den 90er Jahren eine der ersten in der Umgebung, die einen, vom Land Niederösterreich geförderten, Computer erhielt. Die Interaktion mit dem Computer und den einzelnen Programmen begeisterte den Schüler Szabo von Anfang an: eine Maschine, mit einem Bildschirm und betrieben durch Strom, aber es war vor allem ein System, dass interagiert und auf Wunsch und Eingabe des Menschen Operationen durchführt. Diese Interaktivität war es, was Attila Szabo am meisten faszinierte und in Kombination mit seinem Videospiel-Interesse zu einem Computergrafik-Studium an der TU Wien motivierte.
Über ein Praktikum ans Forschungszentrum VRVis
Von einem Freund und heutigen Forschungskollegen Andreas Walch erfuhr Attila Szabo von der Möglichkeit, ein Praktikum am Forschungszentrum VRVis zu absolvieren. Was ihm besonders gefiel, war das Mentoring durch erfahrene Senior-Forscher wie Michael Schwärzler oder Stefan Maierhofer, die sich viel Zeit nahmen, um ihm den Einstieg in die wissenschaftliche Arbeit und auch die GeoSMAQ-Forschungsgruppe zu erleichtern. Mittlerweile ist Attila Szabo fest in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit mit Unternehmenspartner rmDATA verankert und veröffentlicht auch als Erstautor wissenschaftliche Publikationen, wie beispielsweise das vielbeachtete Paper "Feature-assisted interactive geometry reconstruction in 3D point clouds using incremental region growing"in Computers & Graphics (hier nachzulesen).
Computergrafik im Wandel: Human-in-the-loop als Design-Prinzip
Was als junger Mensch mit besonderem Interesse für die ästhetische Bildgestaltung von Computerspielen begann, hat sich im Rahmen seiner angewandten Computergrafik-Forschungsarbeit zu einer Begeisterung für minimalistisches Design gewandelt. Funktionaler Minimalismus ist für Szabo heute ein eigentlich wesentlich spannenderer Designansatz, der einer ganz eigenen Ästhetik folgt, als z.B. reine Computerspielgrafik. Visual Computing ist hier für den Forscher die ideale Wissenschaftsdisziplin, da dort Grafik bzw. Visualisierung immer mit Interaktivität zusammengedacht wird: So ist Visual Computing auch im Sinne des digitalen Humanismus eine unverzichtbare Schlüsseltechnologie, um den Menschen und seine Bedürfnisse ins Zentrum jeder technologischen Entwicklung zu stellen. Was es dafür braucht, ist gerade im Umgang mit komplexen Daten und Informationen eine verständliche, intuitive Bedienung, bei der sich Kommunikation, Interaktion, Visualisierung und Rechenleistung die Hand geben, um Userinnen und User im Umgang mit Computerprogrammen und Softwaretools zu empowern.
Empowerment und Community sind für Attila Szabo generell wichtige Aspekte seiner Forschungsarbeit. Er ist Teil des Kernteams rund um Aardvark, einer Open-Source-Plattform, die seit über einem Jahrzehnt kollaborativ und über viele Forschungsprojekte hinweg erforscht und entwickelt wird. Aardvark besteht aus vielen Repositories und rund 100 Bibliotheken, die für etliche Anwendungen im Feld des Visual Computing sowie in einer ganzen Reihe von Bereichen wie Mathematik, Physik, Computer Vision, Bildverarbeitung und photogrammetrische Rekonstruktion geeignet ist. Physikalisch präzise Lichtgestaltung oder die Visualisierung von Planetenscans aus aktuellen Mars-Weltraummission sind nur ein paar Beispiele für die Anwendungsgebiete von Aardvark.
Übersetzungsarbeit: von der Wissenschaft in die Wirtschaft
Das Bauen von Brücken von der Forschung in die Wirtschaft ist eine Kernaufgabe eines COMET-Zentrums wie dem VRVis. Das konkrete Ziel ist, dass neueste Visual Computing-Erkenntnisse in den Unternehmen ankommen und sie technologisch stärken. So ist es auch bei Attila Szabo, der an neuen Lösungen forscht, welche nationale und internationale Partner unterstützen. Als Experte für Rekonstruktion, Photogrammetrie, Signalrekonstruktion und ganz generell das Abbilden der echten Welt (Reality Capturing) ist er ein wichtiger Technologiepartner für Unternehmen wie dem österreichischen Geoinformatik-Spezialisten rmDATA. Zusammen erforschen VRVis und rmDATA seit einigen Jahren robuste, digitale Vermessungslösungen und Rekonstruktions-Pipelines, welche die komplette Rekonstruktionskette vom Scan bis zum fertigen Produkt abbilden und relevante Geometrien ableiten. Das Grundprinzip ist dabei die interaktive Einbindung der menschlichen Nutzerin bzw. des menschlichen Nutzers und die Entwicklung nachhaltiger Software. So kommt Spitzenforschung direkt in der Industrie an und trägt zur Lösung konkreter Herausforderungen bei. Attila Szabo ist davon überzeugt dass genau darin die wichtigste Aufgabe von Informatik generell und Visual Computing im Speziellen liegt: dem konkreten Beitrag zur Gesellschaft und deren Weiterentwicklung.
Wien, 5. Mai 2023